Sterbe- und Trauerbegleitungen unter Corona Bedingungen. So lautet das Thema der diesjährigen Blog Aktion von Petra und Annegret vom Totenhemd-Blog. Auch in den vergangenen Jahren war ich bei dieser Aktion dabei und war im Voraus neugierig, was sich die Beiden diesmal ausdenken. Ich las den Beitrag und dachte: Nee, da fällt mir nichts zu ein – was vermutlich auch damit zusammenhing, dass ich das C-Wort nicht mehr lesen mag. Albern, ich weiß… aber sicher habt auch Ihr hin und wieder die Schnauze voll davon. (Was es nicht ändert und auch nicht besser macht…)
Zurück zum Thema: plötzlich fiel mir der Workshop ein, an dem ich in Hamburg teilgenommen habe – Seelengeleit. (Ich habe diesen Teil meiner Seelfrau Ausbildung verpasst und daher nun nachgeholt) Ja, davon könnte ich erzählen, denn ein Seelengeleit kann auch unter Wahrung der Hygienevorschriften gemacht werden.
Warum ein Seelengeleit? Ein Seelengeleit kann ein erster Schritt auf dem Trauerweg sein. Woran schon erkennbar ist, dass ein Geleit nicht nur dem Verstorbenen gilt, um seine Seele auf dem Weg ein Stück zu begleiten, sondern auch für die Zugehörigen. Noch einmal Worte des Abschieds finden, etwas mit auf den Weg geben oder auch etwas klären, was einem auf der Seele liegt.
Ich habe mich am Tag des Workshops spontan entschlossen, ein Geleit für meine Mutter zu machen. Wer hier schon länger mitliest weiß, sie ist schon vor längerer Zeit (3,5 Jahren) verstorben. Und ja, auch dann kann es noch ein Geleit geben. Wobei ich mir im Nachhinein wünschte, ich hätte eines am offenen Sarg machen können. Aber ich spürte nun an diesem Tag, dass ich gerne noch etwas klären wollte. Etwas, bei dem ich dachte, dass ich längst damit „durch“ sei. Aber nein, denn plötzlich kam dieser Wunsch in mir hoch zusammen mit einer Portion Wut und Enttäuschung. Gefühle, die ich gar nicht wollte, schließlich liebe ich meine Mutter. Doch sie waren da und verlangten Beachtung zu finden.
Und so machte ich mich innerlich auf den Weg und mit mir die Teilnehmerinnen des Workshops und die Ausbildungsleiterin Andrea Martha Becker. Ich entzündete Kerzen – sie wollten anfangs nicht brennen, was mich nicht verwunderte, denn meine Mutter war (genau wie ich) schon immer Konfliktscheu und warum sollte ihre Seele da auf einmal anders reagieren – und nach und nach spürte ich Energie im Raum, Wärme. Aber auch Angst und Trauer. Und diesen Wutball, der in mir herumsprang.
Ein Teil in mir wollte mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen stehen bleiben, fest verankert und auch ein wenig skeptisch. Dabei steht für mich fest, dass Menschen und Tiere Seelen haben, das „Etwas“ bleibt nach dem Tod. Neben den aufkommenden Gefühlen war ich daher auch eine Beobachterin. Eine, der hin und wieder ein Schauder über den Rücken lief. Und nein, es wurden keine Stühle gerückt oder ähnliches. Es wurde gesprochen. Andrea Martha Becker und auch ich fanden Worte, um zu der Seele meiner Mutter vorzudringen und sie davon zu überzeugen, sich noch einmal mit einem Zerwürfnis zu befassen, dass wir Beide gerne unter den Teppich gekehrt hätten. Aber wie so oft im Leben, stolpert man doch über den riesigen Buckel der dadurch entsteht.
Ich kann natürlich nicht erklären, was an diesem Tag genau geschah und ich möchte es auch nicht erklären können. Aber ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass es wirklich wieder gut ist zwischen uns. Nicht oberflächlich, sondern tief in mir drin, da wo all die Narben sind. Der Felsbrocken, der auf meiner Seele lag, ist gelöst und ich fühle mich befreit. Auch von Schuldgefühlen, die ich hatte. Ist es da wichtig, wieso und warum es so gekommen ist? Für mich nicht.
An diesem Tag fand noch ein Geleit einer anderen Teilnehmerin statt und auch dieses hat mich tief berührt und mich von der Besonderheit dieses Rituals überzeugt. Wenn Ihr noch mehr darüber lesen wollt, schaut gerne auf der Seite von Andrea Martha Becker vorbei, die Ihr hier findet.
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Danke fürs Teilen dieses Erlebnisses, liebe Nicole 💙
Das klingt sehr berührend, warm und schön 💙
Herzlich, Anja
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Ich danke Dir für Deine lieben Worte, die mich ebenfalls stets wärmen. ❤
Liebe Grüße
Nicole
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Pingback: Alle Novembertermine in der Übersicht mit unseren Autor*innen der November-Blogaktion | Totenhemd-Blog
Eine wahnsinnig emotionale Erfahrung. Schon beim Lesen bekomme ich Gänsehaut. Es ist toll, dass ihr so doch noch zueinander finden konntet. Konflikte doch noch gelöst werden konnten. Eine schöne Sache, dieses Seelengeleit.
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Ja, das war es ❤ Und ich freue mich, dass etwas davon bei Dir angekommen ist. Ich war mir erst nicht sicher, ob ich für dieses Erlebnis die richtigen Worte finde.
Danke für Deine lieben Worte ❤
Liebe Grüße
Nicole
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💓
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Hallo liebe Nicole, wie schön, dass da ein Steinbrocken sich auflöste. Was ein wunderbares Ritual und danke, dass Du es uns geschenkt hast in der Blogaktion. Wir freuen uns, dass du dabei bist und mitgeschrieben hast. Ganz herzliche Grüße. Petra
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Ja, ich bin auch nach wie vor erleichtert, liebe Petra. Und es war mir eine Freude, wieder dabei zu sein. ❤
Liebe Grüße
Nicole
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Kerzen, die nicht sofort entflammen … so ein starkes Bild 💝
Seelengeleit gaben wir im Senioren- und Pflegeheim den Verstorbenen in dem sehr alten Ritual, eine Kerze zu entzünden (Licht für den Weg) und das Fenster zu öffnen (Ausgang ohne Umwege). Den Körper ließen wir ruhen (entspannen und loslassen), anwesende Pflegerinnen schwiegen … in Gedanken, Erinnerungen oder im Gebet.
Das auch uns – mir – diese kurze Zeit ein Seelengeleit gab, immer wieder, war bis heute nicht bewusst.
Das Seelengeleit, dass ich meiner Mutter gab, war in der Zeit vor ihrem Tod täglich ins Krankenhaus zu fahren und den Alltag dort vor der Tür zu lassen, bis ich wieder ‚raus kam.
Was es für mich bedeutete wurde erst im Schreiben für das „Sommerradio“ (unveröffentlicht) klar. ☀️
Danke für den Gedankenanstoß. 🌺
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Und ich danke Dir für Deinen Kommentar, das Teilhabenlassen an Deinen Erfahrungen und Gedanken. ❤
Ja, die nicht sofort entflammten Kerzen haben mir sofort gezeigt, dass es sich bei der Energie im Raum, um die meiner Mutter handelte. Was in dem Moment zugleich erschreckend (wie geht das??) als auch wunderschön war.
Diese alten Rituale sind wunderschön. Auch für meine Mutter habe ich damals eine Kerze angezündet und das Fenster geöffnet – es war Frühling und den mochte sie immer am liebsten. Ich bin sicher, dass ihre Seele sofort hinausgesaust ist. ❤
Wie schön, dass Du für Dich und Deine Mutter auch ein Seelengeleit erfahren hast. Ich hoffe, dass diese gemeinsame Zeit, Dich in Deiner Trauer gestärkt und gestützt hat. ❤ Sicherlich ist im Nachhinein ein wunderbarer Text daraus entstanden.
Alles Liebe für Dich, liebe Regina ❤
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